
Was Spitäler tun, um Übertragungen von Keimen zu verhindern
Feb. 2020Qualität und Patientensicherheit
Massnahmen. Mit zahlreichen Projekten und Initiativen beteiligen sich viele hiesige Spitäler an den Bemühungen, die Übertragungen von krankmachenden Keimen zu verhindern – und so die Anzahl Infektionen im Gesundheitswesen zu reduzieren und den Vormarsch multiresistenter Bakterien einzudämmen.
Dass sich das Spitalpersonal immer die Hände desinfiziert, bevor und nachdem es einen Patienten oder eine Patientin berührt, ist wichtig, weil der Hauptübertragungsweg von Keimen über die Hände des Spitalpersonals verläuft. Die Spitalmitarbeitenden erwerben (meist ohne es zu merken) während der Behandlung und Pflege vorübergehend Bakterien, die von Patientinnen oder Patienten, aber auch von kontaminiertem Material oder aus der Umgebung stammen können. Wie ein Forschungsteam um den Infektionsexperten Didier Pittet von den Universitätsspitälern in Genf (siehe «5 Fragen an») nachgewiesen hat, lassen sich die Übertragungen um die Hälfte verringern, wenn die Bakterien konsequent mit einem alkoholischen Händedesinfektionsmittel abgetötet werden.
Das Team um Pittet hat fünf entscheidende Momente für die Händehygiene ausgemacht, beispielsweise jedes Mal bevor und nachdem eine invasive Handlung durchgeführt wird oder ein Kontakt mit Körperflüssigkeiten (wie etwa Blut oder Speichel) stattgefunden hat. Um überprüfen zu können, wie gut die Richtlinien mit den fünf Momenten der Händehygiene befolgt werden, hat die Spitalhygiene des Kantonsspitals St. Gallen ein Messinstrument namens «CleanHands» entwickelt, welches das nationale Zentrum für Infektionsprävention Swissnoso allen Spitälern in der Schweiz zur Verfügung stellt. Aktuell verwenden über 100 Gesundheitsinstitutionen die «CleanHands»-App: Damit können die Hygienefachpersonen des Spitals das Personal mit Patientenkontakt beobachten und erfassen, wann es sich die Hände desinfiziert.
Direktes Feedback ist entscheidend für den Lerneffekt
Das Instrument wertet die Eingaben automatisiert aus und gibt den beobachteten Personen eine unmittelbare Rückmeldung. Dieses direkte Feedback ist entscheidend für den Lerneffekt. Denn wenn die Rückmeldung erst mehrere Monate später erfolgt, kann das Personal keinen unmittelbaren Bezug zu den Handlungen im Alltag herstellen, schreibt Swissnoso in einer Rückschau auf die erste nationale Händehygiene-Kampagne in den Jahren 2005 und 2006. Damals ist die Einhaltung der Richtlinien von 54 % auf 68 % gestiegen. Seither hat sich diese Entwicklung fortgesetzt, wie die mit «CleanHands» erfassten Daten zeigen: Am besten werden die fünf Momente für die Händehygiene in der Geriatrie befolgt (87 %). In den Akutspitälern werden die Richtlinien in 76 % der beobachteten Fälle eingehalten, vom Pflegefachpersonal besser als von der Ärzteschaft.
Das grosse Engagement für die Infektionsprävention zeigt sich unter anderem auch in den Schulungsunterlagen, die viele Spitäler entwickeln, um ihre Mitarbeitenden auf eine korrekte Durchführung der Händedesinfektion einzuschwören. So hat das Universitätsspital Zürich etwa einen fünfminütigen Film realisiert, in dem der Krankenhausaufenthalt – mit einer Prise Humor – mit einem Interkontinentalflug verglichen wird und eine Flugbegleiterin den Mitarbeitenden des Spitals augenzwinkernd die nötigen Massnahmen zur Händehygiene erklärt.
Ausgezeichnetes Programm am Kantonsspital Neuenburg
Das Kantonsspital Neuenburg betreibt ein Programm namens «HygièNE des mains», das gar mit dem «European Hand Hygiene Innovation Award 2017» ausgezeichnet wurde. Es umfasst neben regelmässigen Schulungen und einem persönlichen Händehygiene-Kit für das Personal auch regelmässige Inspektionen, während denen ein Mitglied der Spitalhygiene das Personal auf die Patientenvisite begleitet und die Massnahmen zur Händehygiene analysiert. Mit dem 2012 lancierten Programm wollte das Spital ursprünglich erreichen, dass alle Mitarbeitenden mit Patientenkontakt in mindestens 80 % der angezeigten Fälle ihre Hände desinfizieren.
«Dieses Ziel haben wir erreicht und sogar übertroffen: Mit einer Übereinstimmungsrate von 86,2 % liegen wir 8 % über den 90 anderen Institutionen, die am ‹CleanHands›-Modul von Swissnoso teilnehmen», hält das Spital stolz auf seiner Website fest. Und fährt gleich mit dem Ausblick fort, dass der Fokus nun von quantitativen auch auf qualitative Aspekte ausgeweitet werden soll: Das Projekt «zéro bijou» ist schon aufgegleist, es wirbt für ein günstiges Umfeld für eine gute Händedesinfektion: Hände ohne Fingerringe.
Weitere Informationen:
Die fünf Momente der Händehygiene (Poster der WHO)
«Clean Hands» von Swissnoso
Film zur Infektionsprävention am Universitätsspital Zürich
Programm «HygièNE des mains» des Kantonsspitals Neuenburg